Schicksale zwischen Terror, Anpassung und Verstrickung
Eine junge Kassiererin, ein Arzt und ein Tischlergeselle zogen am gestrigen Abend in der Diepholzer Mediothek die Aufmerksamkeit auf sich. Denn sie sind drei der Schicksale, die in der Ausstellung „Der Arbeiter-Samariter-Bund und der Nationalsozialismus“ beleuchtet werden und somit auch auf der Eröffnungsveranstaltung für so manchen bedrückten Blick sorgten.
Der ASB als Organisation war ein frühes Opfer des NS-Staats. Was blieb, waren die Samariter. Folgt man ihren Spuren, stößt man auf eindrückliche Schicksale zwischen Ermordung, Suizid, Terror, Überleben, Anpassung und Verstrickung.
Die Mitgliedschaft im ASB war kein primärer Verfolgungsgrund, sondern in den allermeisten Fällen nur „Beifang“. Die vielen jüdischen Ärzte und Mitglieder wurden aus rassenideologischen Gründen verfolgt. Die meisten Kolonnenführer waren zugleich exponierte Köpfe in Gewerkschaften oder der örtlichen SPD. Zahlreiche ASB-Ärzte gerieten besonders ins Visier der neuen Machthaber, weil sie sich wie der ASB insgesamt vor 1933 in Debatten u.a. um den § 218 zum Schwangerschaftsabbruch positioniert hatten. Ihnen allen drohten Haft, KZ, Terror und Tod.
Aufarbeitung der Historie
Die Ausstellung und das gleichnamige Buch sind nun das Resultat einer unabhängigen wissenschaftlichen Untersuchung zur Geschichte des ASB während und nach der NS-Diktatur. Marthe Burfeind war eine der zuständigen Historikerinnen und Mitautorin des Buches und schloss ihre Lesung mit den Worten ab, dass im ASB trotz allem der Zeitgeist des Nachvorneschauens dominiert habe. „Opfer, Mitläufer und Verstrickte bauten den ASB (nach dem Krieg*) gemeinsam wieder auf“, so Burfeind.
Auch Rolf Kramer, Politiker und Mitglied der ASB-Kontrollkommission, fand deutliche Worte und mahnte, dass es gerade in der heutigen Zeit wichtig sei, sich mit der eigenen Geschichte auseinander zu setzen. Von der Ausstellung, die noch bis zum 14. Februar in der Mediothek zu sehen ist, erhofft er sich, „dass das Bewusstsein in der Gesellschaft geschärft wird“.
Weitere Informationen
Bis zum 14. Februar ist die Ausstellung noch in der Diepholzer Mediothek kostenlos zu sehen.
Details zur Ausstellung finden Sie auch hier. Das Buch kann direkt über den Bundesverband bezogen werden.
*Anmerkung der Redaktion